Kündigungsprobleme bei 1&1

Der Telekommunikationsanbieter 1&1 Telecom GmbH bereitet seinen Kunden derzeit große Sorgen. Kündigen diese schriftlich ihren Anschluss, so fordert 1&1 eine Bestätigung der Kündigung per Telefon. Das widerspricht jedoch geltendem Recht.

Mein Mandant nutzte bislang sehr zufrieden einen 1&1 Festnetz- und DSL-Anschluss. Als er dennoch aufgrund eines günstigen Angebots zu einem anderen Anbieter wechseln wollte, erklärte er 1&1 im Januar diesen Jahres die ordentliche Kündigung zum vertraglichen Laufzeitende. Das wäre der 16. Mai gewesen.

Das Vorgehen von 1&1

1&1 bestätigte den Erhalt der Kündigung und das Kündigungsdatum. Soweit sah für den Kunden alles gut aus, und er dachte, er könne nun unbeschwert zu dem anderen Anbieter wechseln. Im selben Schreiben, das die Kündigung bestätigte, bat 1&1 jedoch um Rückruf, um die Kündigung noch einmal telefonisch zu bestätigen. Die 1&1 Telecom GmbH schrieb, dass dadurch einem Missbrauch von Kündigungen vorgebeugt werden könne. Außerdem diene der Anruf der Umsetzung der Kündigung zum gewünschten Datum. Für den Rückruf setzte 1&1 eine Frist von 14 Tagen.

Mein Mandant entschied sich dazu, diesen Rückruf nicht durchzuführen, da er aus der Vergangenheit und seiner Erfahrung mit anderen Anbietern vermutete, dass derartige Telefonate einzig und alleine der Kundenrückgewinnung dienten. Ein psychologisch geschulter Mitarbeiter der Kundenhotline würde möglicherweise auf ihn einreden und ihn mit gezielten Aktionsangeboten zu einer Kündigungsrücknahme überreden. Darauf wollte er sich nicht erneut einlassen, und verzichtete auf den Rückruf.

Was der Kunde übersah, war, dass 1&1 im letzten Absatz des Schreibens anmerkte, dass der Vorgang verfällt und das Vertragsverhältnis mit der 1&1 Telecom GmbH bestehen bleibt, wenn der Rückruf nicht vorgenommen wird. Dementsprechend  führte 1&1 den Vertrag nach Ablauf der 14 Tage tatsächlich fort, und annullierte die bereits zugestandene Kündigung.

Man kann sich vorstellen, wie überrascht mein Mandant war, als er von der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses erfuhr. 1&1 teilte seinem Kunden nun durch ein weiteres Schreiben mit, dass die Kündigung erst zum Mai 2017 wirksam werden würde.

Kündigung nur nach Anruf wirksam? Die Rechtslage

Doch ist ein solches Verhalten überhaupt möglich? Darf 1&1 eine Kündigung nur dann wirksam werden lassen, wenn der Kunde einen Rückruf beim Unternehmen vornimmt? Nein, hier kann in rechtlicher Hinsicht ganz klar festgestellt werden, dass eine solche Kündigungsbedingung nicht vom Gesetz gedeckt ist und damit nicht als rechtmäßig angesehen werden kann.

Nach Erhalt entfaltet eine Kündigung ihre rechtliche Wirkung, ohne dass von dem die Kündigung empfangenden Unternehmen eine Anerkennung oder Bestätigung notwendig wäre. Da es sich bei einer Kündigung in rechtlicher Hinsicht um eine „einseitige Willenserklärung“ handelt, sind derartige Annahmeerklärungen nicht erforderlich. Gleichzeitig darf das Unternehmen die Anerkennung der Kündigung keinesfalls verschärfen, indem es zusätzliche Bedingung setzt, wie hier 1&1 mit dem gewünschten Rückruf. Es ist rechtlich in keinster Weise möglich, dass ein Unternehmen eine bereits zugegangene und bestätigte Kündigung ablehnt und weiterhin Forderungen aus dem gekündigten Vertrag an seinen Kunden richtet, nur weil dieser eine Bedingung wie beispielsweise den Rückruf vernachlässigt hat.

Durch die Kündigung endet das bestehende Vertragsverhältnis eindeutig und unzweifelhaft, so dass 1&1 ab dem Erhalt der Kündigung und dem Ablauf des Kündigungsdatums keine weitere vertragliche Grundlage besitzt, um Forderungen gegen den Kunden geltend machen zu können. Erachtet 1&1 die Kündigung als unberechtigt, so wäre eine gerichtliche Klärung der Kündigungsbegründung notwendig.

Das ist nachvollziehbar, denn stell Dir vor, ein Telekommunikationsanbieter würde nicht nur einen Rückruf als Kündigungsbedingung ansehen, sondern andere, für den Kunden noch viel schwieriger durchführbare Aktionen. Beispielsweise könnte ein Unternehmen verlangen, dass der Kunde persönlich in der Filiale erscheinen müsse, um dort im Rahmen eines einstündigen Gesprächs die Kündigungsgründe mit dem Kundenberater durchzusprechen. Oder ein Anbieter würde sich wünschen, dass eine Kündigung erst dann anerkannt wird, wenn der Kunde einen Hausbesuch akzeptiert, um sich dort in den eigenen vier Wänden von den neuesten Produkten des Providers ein Bild zu machen. Du siehst, das kann so nicht sein, denn wo wäre die Grenze für die Wünsche der Unternehmen, um Kündigungen ihrer Kunden so schwer wie möglich zu machen.

Wie gehe ich also bei einer Kündigung vor?

Möchtest Du einen Telekommunikationsvertrag zum Ende der vertraglich vereinbarten Laufzeit kündigen, so musst Du nach wie vor lediglich ein Schreiben an den Anbieter schicken, und diese Kündigung mit den simplen Worten „Hiermit kündige ich den Vertrag zum Ende der vertraglichen Laufzeit. Bitte bestätigen Sie mir die Kündigung und das genaue Kündigungsdatum schriftlich.“ ausdrücken. Gib Deine Adresse und die Kunden-Nummer an, und versende das ganze per Einschreiben mit Rückschein.

Manche Provider benötigen keine Kündigung per Brief, sie akzeptieren auch Online-Kündigungen direkt über das Kundenportal. Achte aber in jedem Fall darauf, dass Dir die Kündigung bestätigt wird, und bewahre diese Bestätigung gut auf.

Kommt es trotz Deiner Kündigung zu Meinungsverschiedenheiten, wie hier mit der 1&1 Telecom GmbH, so verweise einfach auf das geltende Kündigungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), welches keine Sonderbedingungen für die Wirksamkeit einer gewöhnlichen ordentlichen Kündigung zum Laufzeitende aufweist. Hat der Anbieter die Kündigung erhalten und bestätigt, so gilt diese. Du musst keine weiteren Schritte durchführen, selbst wenn sich diese der Provider noch so sehr wünscht.

Mein Appell daher an 1&1: Akzeptieren Sie die Kündigungen Ihrer Kunden, wenn Sie diese vertragsgerecht erhalten haben. Aber verzichten Sie darauf, zusätzliche Bedingungen für die Kündigung aufzustellen. Selbstverständlich können Sie Ihre Kunden um einen Rückruf bitten, beispielsweise um die Gründe für die Kündigung zu erfahren oder um neue Angebote vorzustellen. Machen Sie aber von diesem Rückruf nicht die Wirksamkeit der Kündigung abhängig, denn das geht zum einen rechtlich gar nicht, und ist zum anderen nicht besonders kundenfreundlich.

Weitere Informationen über die Kündigung eines Festnetzvertrags findest Du im ausführlichen Ratgeber der Kanzlei Hollweck.

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Über den Autor
Rechtsanwalt Thomas Hollweck

Rechtsanwalt Thomas Hollweck lebt und arbeitet in Berlin. Seine Kanzlei hat den Schwerpunkt auf das Verbraucherrecht gelegt. Das Ziel der Kanzlei Hollweck liegt darin, eine Schnittstelle zwischen Verbraucher und Unternehmen zu bilden, so dass ein Rechtsstreit schnell und gütlich zum Vorteil des Kunden gelöst werden kann.

Website: http://www.kanzlei-hollweck.de