Darf ich mein Fitnessstudio bei Umzug kündigen?

Darf ich mein Fitnessstudio bei Umzug kündigen? Diese Frage beantwortet Rechtsanwalt Thomas Hollweck heute im aboalarm Blog. 

Ziehst du in eine andere Stadt, so stellt sich die Frage, ob du aus diesem Grund den Vertrag mit deinem Fitnessstudio kündigen darfst. Vor allem dann, wenn das Studio in der neuen Stadt keine Filialen betreibt, kann sich die Fortführung eines Fitnessvertrages, den man nicht mehr nutzen kann, schnell zur teuren Angelegenheit entwickeln.

Über dieses Thema finden sich viele unterschiedliche Aussagen im Netz, daher soll mit diesem Artikel ein Überblick über den aktuellen Stand der rechtlichen Situation gegeben werden.

Fitnessstudios bei Umzug kündigen – ist das möglich?

Grundsätzlich sollte man meinen, dass ein Umzug in eine andere Stadt in jedem Fall eine Kündigung des Fitnessstudiovertrags rechtfertigt. Denn schließlich zieht man weit weg und hat keine Möglichkeit mehr, das Fitnesscenter zu besuchen. Wer würde schon einen stundenlangen Anfahrtsweg in Kauf nehmen, um für ein oder zwei Stunden zu trainieren, nur um dann wieder die lange Heimreise antreten zu müssen?

Dennoch stellen sich viele Studios plötzlich auf stur, sobald man ihnen die Kündigung wegen Umzugs erklärt. Dann heißt es auf einmal, dass die Kündigung nicht möglich sei, und der Vertrag bis zu seinem Ende fortgeführt werden müsse. Und das, obwohl das Studio dem Kunden bei Vertragsabschluss mündlich zugesichert hatte, dass bei einem Umzug die Kündigung problemlos möglich sei.

Fitnessstudio bei Umzug kündigen – Was sagt das höchste deutsche Gericht?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Grundsatzurteil vom 08.02.2012 (Az. XII ZR 42/10) immerhin festgestellt, dass eine vorzeitige Kündigung des Fitnessstudiovertrags aus wichtigem Grund möglich ist. Leider ging der BGH in seiner Urteilsbegründung lediglich auf die Aspekte „Krankheit“ und „Schwangerschaft“ ein. Für diese beiden Fälle hat der BGH das Recht zur Sonderkündigung unproblematisch bestätigt. Zu weiteren Kündigungssituationen schrieb der Bundesgerichtshof leider nichts und lies diese offen. Damit fehlt es bis heute an einer Stellungnahme des BGH zur Kündigung wegen Umzugs bei Fitnessstudioverträgen.

Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass eine solche Kündigung nach wie vor rechtlich zulässig ist, denn der BGH hat die Kündigung wegen Umzugs nicht verneint. Da ein Umzug einen „wichtigen Grund“ im Sinne des Gesetzes (hier im speziellen der § 314 BGB) darstellen kann, und der BGH die Kündigung bei wichtigem Grund erlaubt hat, kann von einem nach wie vor gültigen Kündigungsrecht bei Umzug ausgegangen werden.

Die einzelnen Gerichte sehen das aber dennoch sehr unterschiedlich, eben weil der BGH keine endgültige Stellungnahme bezogen hat, so dass es immer wieder zu unterschiedlichen Urteilen kommt. Manche Gerichte stimmen einer Kündigung wegen Umzugs zu, wenn der Kunde mindestens 30 Kilometer weit weg zieht. Andere Gerichte gehen von einer Grenze von 40 Kilometer aus, andere wiederum akzeptieren eine Kündigung wegen Umzugs überhaupt nicht oder nur dann, wenn der Umzug aus beruflichen oder privaten Gründen unabwendbar und nicht vorhersehbar war.

Was hat ein DSL-Anbieter mit dem Fitnessstudio zu tun?

Manche Fitnessstudios verweisen in der Frage, ob eine Kündigung wegen Umzugs möglich ist oder nicht, auf ein völlig anderes Urteil des BGH vom 11.11.2010 (Az. III ZR 57/10). In diesem Urteil legt der BGH fest, dass bei einem Festnetz/DSL-Vertrag eine Kündigung wegen Umzugs nicht möglich sei. Ein solcher Verweis ist nicht nachvollziehbar, da es im Telekommunikationsrecht um ganz andere Sachverhalte geht als bei einem Fitnessstudiovertrag. Dennoch behaupten manche Studios uneinsichtig, dass dieses DSL-Urteil auf ihren Fitnessstudiovertrag anwendbar sei.

Unabhängig davon hat der Gesetzgeber auf dieses DSL-Urteil reagiert und den Gesetzestext abgeändert: Der Kunde eines Festnetz/DSL-Anbieters darf nun kündigen, wenn er in eine andere Stadt zieht, und der Anbieter dort keine Versorgung anbieten kann. Der Kunde hat dann aufgrund seines Umzugs ein Sonderkündigungsrecht und darf den Vertrag mit einer kurzen Frist von drei Monaten beenden. So heißt es in dem neu geschaffenen § 46 Absatz 8 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Bezug auf das Sonderkündigungsrecht bei Umzug: „Wird die Leistung am neuen Wohnsitz nicht angeboten, ist der Verbraucher zur Kündigung des Vertrages unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats berechtigt.

Übertragen auf den Fitnessstudiovertrag bedeutet das, dass eine Kündigung wegen Umzugs immer dann möglich ist, wenn das Studio in der neuen Stadt keine Filialen betreibt. Dann hast du das Recht, zumindest mit einer Frist von drei Monaten den Vertrag zu kündigen.

Aber selbst wenn dein Fitnessstudio am neuen Wohnort Filialen betreibt, kann es einen Kündigungsgrund geben: Ist die Filiale zu weit weg von deiner neuen Wohnung, so dass diese nur unter erheblichem Zeitaufwand zu erreichen wäre, so kannst du den Vertrag zumindest mit einer Frist von drei Monaten kündigen.

Wie erkläre ich nun die Kündigung wegen Umzugs ganz konkret?

Ziehst du in eine andere Stadt, und möchtest deswegen dein Fitnessstudio kündigen, so empfehle ich dir die folgende Vorgehensweise: Versende deine Kündigung unbedingt per Einschreiben mit Rückschein, oder per Fax mit Sendeberichtsbestätigung, damit deine Kündigung im Fitnessstudio sicher ankommt. In deinem Schreiben schilderst du so ausführlich und genau wie möglich, warum du den Umzug vornehmen musst.

Wichtig ist, dass dein Studio erkennt, dass du nicht zum Spaß umziehst, sondern weil es aufgrund deines Berufs, dem Studium, der Schule oder der Familie unabwendbar ist. Stelle dar, wie sich der Anfahrtsweg zum Studio verlängern würde, und dass du aufgrund dieser Entfernung unmöglich das Training fortsetzen kannst. Lege deine Anmeldebescheinigung vom neuen Wohnort und den neuen Mietvertrag in Kopie bei. Mach deutlich, dass du zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unmöglich wissen konntest, dass du umziehen wirst.

Hat man dir bei Vertragsschluss die Kündigungsmöglichkeit wegen Umzugs mündlich zugesagt, so berufe dich darauf. Schreib genau, wer dir wann gesagt hast, dass du bei einem Umzug unproblematisch kündigen darfst. Weise außerdem darauf hin, dass du bislang ein sehr zufriedener Kunde im Studio warst, dieses evtl. sogar anderen Personen empfohlen hast, und den Vertrag gerne fortgeführt hättest, wenn dir der Umzug nicht dazwischen gekommen wäre. Schildere, dass du das Studio gerne wieder besuchen wirst, sollte dich dein Weg in die alte Stadt zurück führen.

Hast du es mit einem seriösen und kundenfreundlichen Fitnessstudio zu tun, so wird es dir die Kündigung wegen Umzugs erlauben, ohne dass dir dadurch Nachteile entstehen. Verweigert dein Fitnesscenter jedoch die Kündigung und beruft sich auf das oben erwähnte BGH-Urteil, nach dem die Kündigung bei einem Festnetz/DSL-Vertrag verwehrt wurde, so kannst du gezielt kontern: Stelle dar, dass sich dieses BGH-Urteil auf einen Telekommunikationsvertrag bezieht, und damit nicht für Fitnessstudios gültig ist. Dann kannst du darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber aufgrund dieses Urteils sogar das Gesetz abgeändert hat, und daher nun DSL-Kündigungen mit einer Frist von drei Monaten möglich sind.

In diesem Moment hat sich dein Fitnessstudio selbst eine Falle gestellt, denn mit dem Verweis auf jenes BGH-Urteil muss es anerkennen, dass der Gesetzgeber einer Kündigung wegen Umzugs zustimmt, wenn auch nur mit einer Frist von drei Monaten. In die Praxis umgesetzt bedeutet das, dass dein Fitnessstudio dich spätestens drei Monate nach dem Umzug in die neue Stadt aus dem Vertrag entlassen muss. Damit hast du dein Ziel, die Kündigung des Fitnessstudios wegen Umzugs durchzusetzen, zumindest mit einem kleinen Kompromiss von drei weiteren Monaten Vertragslaufzeit, erfolgreich erreicht.

Weitere Informationen zum Thema Fitnessstudio und Kündigung des Fitnessvertrags findest du im Online-Ratgeber „Der Vertrag mit dem Fitnessstudio“ der Kanzlei Hollweck.

Über den Autor
Rechtsanwalt Thomas Hollweck

Rechtsanwalt Thomas Hollweck lebt und arbeitet in Berlin. Seine Kanzlei hat den Schwerpunkt auf das Verbraucherrecht gelegt. Das Ziel der Kanzlei Hollweck liegt darin, eine Schnittstelle zwischen Verbraucher und Unternehmen zu bilden, so dass ein Rechtsstreit schnell und gütlich zum Vorteil des Kunden gelöst werden kann.

Website: http://www.kanzlei-hollweck.de