Gasanbieter kündigt rückwirkend den Vertrag: Wie geht es weiter?

Julia Mohr

Auf dem Energiemarkt herrscht derzeit eine Ausnahmesituation: Zahlreiche Haushalte müssen mit drastischen Preiserhöhungen und teilweise sogar mit der Kündigung ihrer Gasverträge rechnen. Doch damit nicht genug: Einige Gasanbieter stellen bundesweit sogar rückwirkend die Versorgung ein.

Seit Dezember 2021 beliefern die Energieversorger Stromio, gas.de und Grünwelt bundesweit keine Haushalte mehr, obwohl sie nicht insolvent sind. Noch vor dem Lieferstopp hatten einige Anbieter vielen Haushalten die Kündigung ausgesprochen – der Versorger gas.de mit seiner Marke Grünwelt tat dies sogar rückwirkend. Grund dafür sind die rasant ansteigenden Beschaffungskosten. Wir erklären dir, wie du in einem solchen Fall vorgehen solltest.

Wie reagiere ich auf die Kündigung meines Gasanbieters? 

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Infolge der massiven Preisexplosion auf dem europäischen Erdgasmarkt haben einige Gasanbieter alle Erdgaslieferverträge fristlos gekündigt. Zum Corona-Höchststand im Jahr 2020 waren die Energiebezugspreise relativ niedrig. Doch im Winter stiegen die Beschaffungskosten um fast 400 Prozent, wodurch sich viele Versorger verschätzt haben.

So erhielten zuletzt Kunden des Anbieters gas.de ihr Kündigungsschreiben für Anfang Dezember rückwirkend erst Mitte Dezember.

Nach Auffassung der Verbraucherzentrale gibt es keine Rechtsgrundlage für die außerordentliche und kurzfristige Kündigung von Lieferverträgen bei steigenden Beschaffungskosten. Ein Sprecher des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz sieht dieses Vorgehen sogar als “Vertragsbruch” an.

Als Verbraucher solltest du sofort nach der Kündigung des Liefervertrags die Einzugsermächtigung schriftlich widerrufen bzw. den Dauerauftrag für den Gasanbieter bei deiner Bank kündigen.

Woher bekomme ich nach Lieferstopp mein Gas? 

Stoppt dein Versorger die Gasversorgung, besteht zunächst einmal kein Grund zur Panik: Du bekommst weiterhin ganz normal dein Gas geliefert. Fällt dein Versorger aus, springt automatisch der örtliche Grundversorger als Ersatzversorgung ein. Suchst du dir innerhalb von drei Monaten keinen neuen Versorger, bleibst du automatisch in der Grundversorgung.

Bei gas.de-Kunden wurde die Gasversorgung nach der Kündigung automatisch und ohne Vorwarnung durch den Grund- und Ersatzversorger übernommen.

Die Ersatzversorgung kannst du fristlos kündigen. Sobald du nach drei Monaten in der Grundversorgung angekommen bist, beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen.

Woher weiß ich, wer mein Grundversorger ist? 

Häufig wird der Grundversorger bereits im Kündigungsschreiben des Anbieters genannt. Ist dies nicht der Fall, findest du den entsprechenden Anbieter meist im Internet unter „Gas Grundversorgung“ und deinem Wohnort. Alternativ kannst du dich auch an deinen bisherigen Anbieter wenden und dort nachfragen.

Kann ich bei meinem Grundversorger bleiben? 

Generell hast du die Möglichkeit weiterhin bei deinem Grundversorger zu bleiben. Das ist aber nur dann empfehlenswert, wenn der Anbieter vergleichsweise günstig ist. Erfahrungsgemäß sind Tarife in der Grundversorgung gegenüber anderen Anbietern teurer. Vor allem, da manche Unternehmen die Neukundenpreise für die Grund- und Ersatzversorgung stark erhöht haben. Beim Gas wurden die Preise teilweise auf bis zu 35 Cent pro Kilowattstunde angehoben. Das kann sehr schnell, sehr teuer werden.

Es gibt jedoch Gebiete, in denen der Grundversorger derzeit der günstigste Anbieter ist – wie aktuell beispielsweise in München die Stadtwerke München.

Beachte, dass Grundversorger keine Preisgarantie haben. Deshalb solltest du die Tarife unbedingt vorher vergleichen.

Wie finde ich am besten einen neuen Gasanbieter? 

Um einen passenden Tarif zu finden, kannst du zunächst einmal bei deinem örtlichen Stadtwerk nachsehen – einige Stadtwerke bieten günstige Online-Tarife an. Du kannst aber auch einen Vertrag bei einem anderen kommunalen Versorger abschließen. Inzwischen haben viele Stadtwerke eigene Marken etabliert, unter denen sie bundesweit Energie zu fairen Preisen verkaufen.

Aber bevor du dich endgültig für einen Anbieter entscheidest, solltest du unbedingt ein paar Angebote miteinander vergleichen. Denn die Konditionen der zahlreichen Anbieter können sehr unterschiedlich sein. Hierfür kannst du ein Vergleichsportal wie beispielsweise Verivox nutzen.

Nicht alle Stadtwerke bieten ihre Tarife über ein Vergleichsportal an bzw. manchmal musst du nur deine Filtereinstellungen ändern.

Was sollte ich beim Anbieterwechsel beachten? 

Viele Anbieter werben mit Bonuszahlungen, die den Preis im ersten Jahr besonders günstig machen. Wenn der Bonus im zweiten Jahr wegfällt, steigt der Preis manchmal rapide an. Bist du bereit, jedes Jahr den Anbieter zu wechseln, kannst du dich gezielt für einen Bonustarif entscheiden. Wenn du langfristig bei einem Anbieter bleiben willst, ist es besser, die Tarifkonditionen ohne Boni zu prüfen. Verbraucherschützer empfehlen außerdem, Verträge mit einer Preisgarantie abzuschließen, denn der Anbieter garantiert dir einen Festpreis für eine bestimmte Laufzeit.

Kann ich vom alten Anbieter Schadenersatz verlangen? 

Als Verbraucher kannst du Ersatz für den Schaden verlangen, der dir durch die rechtswidrige Einstellung und Unterbrechung der Versorgung entstanden ist.

Laut der Verbraucherzentrale ist das Verhalten der Gasanbieter in diesem Fall unrechtmäßig. Auf dieser Grundlage rät die Zentrale den Kunden, ihre Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Hierfür hat die Verbraucherzentrale ein Musterschreiben auf ihrer Seite zur Verfügung gestellt.

Wie hoch der Schadenersatz ausfällt, hängt von den Mehrkosten ab, die zwischen dem alten Tarif und dem Grundversorgungstarif oder alternativen Anbietern entstehen.

Der tatsächliche Schaden lässt sich jedoch in den meisten Fällen erst nach Monaten beziffern: Die Zusatzkosten berechnen sich aus der Differenz zwischen dem neuen und dem alten Preis, und zwar nach Ablauf der ursprünglichen Preisgarantie oder Laufzeit.

Wir möchten darauf hinweisen, dass es sich bei unseren Angaben um redaktionelle Inhalte zum Zwecke der Information handelt, die keine im Einzelfall geltenden Vertragskonditionen oder ähnliches darstellen. Hierfür solltest du die vereinbarten Vertragskonditionen und den genauen Vertragstext deines Anbieters einsehen, da wir diese Details nicht tagesaktuell prüfen können.